Die
Gestik
Als
Gestik versteht man im Unterschied zur Mimik nicht nur das „Spiel“
um die Augen herum, also den jeweiligen Gesichtsausdruck, sondern
eine Handlung im Sinne einer Übermittlung eines optisch sichtbaren
Signals an eine andere Person.
Ein
solches Signal kann gewollt eingesetzt sein, indem zum Beispiel einer
anderen Person per Handzeichen zugewinkt wird.
Eine
Gestik kann aber auch unbewusst, kulturell eingewöhnt oder rein
zufällig entstehen. Beim Niesen zum Beispiel nehmen wir intuitiv die
Hand oder (besser) den Arm schützend vor den Mund. Wenn wir etwas
nicht wissen oder aufgrund der anstehenden Aufgaben verzweifelt oder
ratlos erscheinen, kratzen wir uns am Kopf oder halten uns diesen.
Man
unterscheidet in primäre und sekundäre Gesten. Primäre Gesten
dienen allein der direkten Kommunikation. Sekundäre, also eher
beiläufige Gesten, haben eine andere Funktion, übermitteln aber
nebenbei eine Information. Es gibt auch Gesten, die als sekundäre
Gesten primär benutzt werden. So kann ein demonstratives Gähnen als
eigentlich sekundäre Geste zu einer primären stilisiert werden, um
dem Gegenüber anzuzeigen, dass man sich langweilt.
Weitere
Gesten und ihre mögliche Deutung werden im Folgenden tabellarisch
als Übersicht festgehalten:
Gestik |
Mögliche
Deutung
|
Die
Fingerkuppen einer Hand aneinander pressen |
Die
getroffene Aussage betonen |
Armbewegungen
oberhalb der Taille
|
Sicherheit
|
In
der Luft von oben nach unten geführte Schläge (etwas soll
kleiner gemacht werden, als es ist)
|
Sicherheit/Ablehnung
|
Das
Kinn streicheln
|
Selbstgefälligkeit
|
Arme
hinter dem Kopf verschränken beim Zurücklehnen |
Souveränität,
Selbstgefälligkeit |
Sich
die Hände reiben
|
Zufriedenheit/Selbstgefälligkeit
|
Mit
den Händen ein Spitzdach nach oben formen
|
Sicherheit/Nachdenklichkeit
|
Mit
den Fingern trommeln
|
Unsicherheit/Nervosität
|
Die
Hände vor der Brust falten
|
Unsicherheit/Verkrampfung
|
Die
Füße um die Stuhlbeine legen
|
Unsicherheit/Verkrampfung
|
Sich
an die Nase fassen
|
Unsicherheit/Verlegenheit
|
Die
Brille hochschieben
|
Unsicherheit/Zeitgewinn
|
Die
Hand vor den Mund halten |
Unsicherheit/Ungeschehen |
Hände
in die Hüften stemmen
|
Erregung
|
Die
Brille hastig abnehmen
|
Erregung
|
Einen
oder mehrere Finger auf die Lippen legen
|
Zurückhalten
von Informationen
|
Verschränkung
der Arme |
Zurückhaltung, Verschlossenheit, Ablehnung o. Unsicherheit |
Fingerkuppen an die Nasenspitze halten |
Konzentration |
Den
Kopf auf die Hände stützen |
Ermüdung,
Langeweile |
Unterschiedliche
Gesten der Hände
Die
Siegerpose mit hoch gestreckten Fäusten ist ebenso bekannt wie
scheinbar eindeutig. Wenn wir uns allerdings an die geballte Faust
der beiden 200 Meter Sprinter bei den Olympischen Spielen von 1968 in
Mexiko City Tommie Smith und John Carlos vor Augen halten, müssen
wir feststellen, dass eine vermeintlich etablierte Geste schnell zu
einer politischen Symbolik erhoben werden kann.
Auf
dem Siegerpodest erhoben beide Athleten mit dem Einspielen der
amerikanischen Nationalhymne einen Arm und ballten eine Faust.
Zusätzlich trugen sie einen schwarzen Handschuh. In der
afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung war die erhobene Faust das
symbolische Zeichen von „Black Power“ und als Demonstration gegen
die Rassendiskriminierung, die in den USA seinerzeit eine zunehmend
große Rolle spielte.1
Black
Power bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko City
Doch
auch ohne politisch aktiv zu sein, verwenden wir die Hände zum
Beispiel als Geste der Zustimmung oder auch der Ablehnung, um nur die
beiden Hauptsignale zu benennen. Eine Garantie auf eine spezifische
Signalwirkung und Bedeutung gibt es nicht, es hilft Ihnen aber Ihren
Gegenüber in seiner Befindlichkeit besser zu verstehen und einige
Gesten zu deuten.
Sofern
die Hände vor oder neben dem Körper offen gehalten werden, kann man
grundsätzlich von einer positiven Signalwirkung ausgehen. Noch
besser erscheint es, wenn sich die Hände oberhalb der Taille
befinden. Sich darunter bewegende Handgesten können leicht als
arrogant oder abschätzig empfunden werden. Die Hände in den
Hosentaschen zu vergraben, setzt hingegen negative Wahrnehmungen beim
Gegenüber frei.
Auch
der Händedruck selbst bewirkt eine Bandbreite von Empfindungen beim
Gegenüber. Immerhin handelt es sich hierbei um einen direkten
Körperkontakt, auch wenn dieser auf dem Festlandeuropa durchaus zur
gängigen Gesellschaftsform gehört. Zwar ist ein fester Händedruck
Zeichen von Entschlossenheit und Dynamik, übertreibt man den
kraftvollen Händedruck jedoch, wandelt sich die Gestik schnell in
ein Signal von Rücksichtslosigkeit, Konkurrenz oder Angeberei. Ein
eindeutig lascher oder zu sanfter Händedruck, möglicherweise
verbunden mit feuchten Händen, vermittelt Unsicherheit und Angst.
Ein fester, aber nicht übertriebener Händedruck erscheint das
ideale Mittelmaß zu sein. Gleichwohl muss man immer auch
berücksichtigen, wer einem die Hand gibt. Bei unterschiedlichen
Geschlechterpersonen ist ohnehin Rücksicht auf das andere Geschlecht
zu nehmen. Das gleiche gilt für deutlich jüngere oder ältere
Personen.
Es
ist nicht allein entscheidend, welche Signale gesendet werden,
sondern welche Signale auf welche Weise aufgenommen werden, wobei die
Absicht und Motivation des Senders ebenfalls eine mit entscheidende
Rolle spielen. Insbesondere bei der gestischen Verhaltensweisen sind
die Fehldeutungen der vermeintlich gesendeten Signale auffallend
hoch. Denn schließlich können wir die primären Gesten beeinflussen
und dementsprechend zielgerichtet einsetzen. So setzen Menschen auf
Beerdigungen ein trauriges Gesicht auf, auch wenn sie den
Verstorbenen nicht wirklich betrauern. Einem alten Bekannten setzen
viele Menschen gegenüber ein freundliches Gesicht auf, auch wenn sie
sich nichts sehnlicher wünschen, als diesem Menschen aus dem Weg zu
gehen.
Unterschiedliche
Gesten des Lächelns
Zunächst
ist das Lächeln eine Gestik der Freude oder der Zuversicht. Leider
dient das Lächeln jedoch genauso der Vertuschung oder dem Blenden,
um Sympathien zu gewinnen, die tatsächlich aber eher dem Eigennutz
dienen sollen. Lächeln kann auch ein Verlegenheitsausdruck sein,
wenn zum Beispiel Ihr Gesprächspartner um eine Antwort ringt, die ihm oder ihr
unangenehm ist. Insoweit ist es wichtig, dass Sie das Lächeln nicht
immer nur als positives Signal bewerten, dass sich Ihr Gegenüber wohl
fühlt.
Mit entsprechender Aufmerksamkeit kann man meistens zu unterscheiden
lernen, wann ein Lächeln nur aufgesetzt ist und wann es dem inneren
Zustand des Gegenübers tatsächlich entspricht.
- Ein stereotypes Dauerlächeln wirkt eher künstlich und selbstgefällig.
- Die gestische Steigerung eines übertriebenen Lächelns, bei dem die Zähne deutlich sichtbar sind, deutet auf die mühsame Selbstbeherrschung des Lächelnden hin. Kein Wunder, dass diese Art des Lächelns auch „Piranha-Lächeln“ genannt wird. Von bewusst eingesetzter Oberflächlichkeit zeugt ein solches „Piranha-Lächeln“ insbesondere dann, wenn es mit einem aufgesetzten Wortschwall begleitet wird, wie „Ach, wie schön, dass ich endlich die Gelegenheit habe, mit Ihnen darüber zu reden.“
- Ein gequältes und kaum sichtbares Lächeln wirkt bemüht, unsicher, aber ebenso gut ironisch, schadenfroh oder überheblich.
- Je angedeuteter ein Lächeln eingesetzt wird, desto eher signalisiert es Ironie, Schadenfreude, auch Zynismus oder Arroganz.
- Ein authentisches Lachen, als Steigerung des Lächelns, ist vor allem dann auszumachen, wenn sich der Mund beim Lachen öffnet und von hochgezogenen Lippen, Wangen und Augenfältchen begleitet wird.
1 „Black
Power“ ist eine amerikanische Bürgerrechtsbewegung bzw. deren
Slogan. Der Bürgerrechtler Stokely Carmichael prägte den Begriff
auf einer Demonstration in Jackson, USA. Die Bewegung des „Black
Power“ wurde jedoch auch von Teilen der schwarzen Bevölkerung
kritisiert, da sie zur Gewalt aufrief und sich deutlich und bewusst
von der weißen Bevölkerung abgrenzte.
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