Samstag, 9. Januar 2010

DDR: Wirtschaft

Die Wirtschaftliche Lage der DDR

Ökonomische Dauerkrise
Der wirtschafts- und sozialpolitische Kurswechsel von 1971 hatte es nicht vermocht, die DDR auf ein solides ökonomisches Fundament zu stellen. Vielmehr hatte die seither erfolgte Zurücknahme von Investitionen in der Industrie zugunsten erhöhter, sozialpolitischer Leistungen für die Bevölkerung zu Einbrüchen in der Produktion hochwertiger Industrieprodukte geführt.
Zugleich hatte sich der Abstand zu westlicher Hochtechnologie nicht verringert, sondern erhöht. Ebenso war das Konzept, wirtschaftliches Wachstum vornehmlich durch Intensivierung, Effizienzsteigerung und Einsparungen zu erzielen, einerseits an der veralteten Industrieausrüstung, andererseits an den weltweit sprunghaft gestiegenen Rohöl- und Rohstoffpreisen gescheitert. Die überstürzt eingeleitete Förderung der Mikroelektronik und Datenverarbeitung ab Juni 1977 entzog der Leistungssteigerung anderer Industriezweige weitere, dringend benötigte Investitionen.

Die volkswirtschaftlich notwendige Reduzierung der erheblichen Subventionen für Grundnahrungsmittel, Mieten und Sozialleistungen, die Mitte der achtziger Jahre bereits mehr als ein Viertel des Staatshaushaltes ausmachen sollten, aber auch des kostspieligen Wohnungsbauprogramms, war aus sozialpolitischen Gründen kaum möglich.
Honecker lehnte sie jedenfalls aufgrund der letztlich zutreffenden Befürchtung ab, eine spürbare Reduzierung der sozialpolitischen Leistungen könne zu Unruhen in der Bevölkerung und damit eventuell zur Gefährdung der eigenen Machtposition führen.
Tatsächlich hatte sich die wirtschaftliche Lage der DDR zu Beginn der achtziger Jahre erneut verschärft. Die Ursachen hierfür ergaben sich teils systembedingt aus der ineffizienten Planwirtschaft selbst, teils waren sie Folge des verfehlten wirtschaftspolitischen Kurses seit 1971, teils resultierten sie aus der allgemeinen Verteuerung der Rohstoff- und Energiepreise auf dem Weltmarkt.

Das Konzept, durch Kredite von westlichen Staaten die eigene Wirtschaft mit gezielten Investitionen zu modernisieren, war nicht aufgegangen. Die strikte Verfolgung der „Hauptaufgabe“, nämlich die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ zu realisieren, hatte weniger zu dringend benötigten Investitionen in die eigene Industrie als zum Import von Rohstoffen und Nahrungs- bis hin zu Futtermitteln geführt. Das begann sich zu Beginn der achtziger Jahre erstmals negativ auszuwirken. Binnen einer Dekade waren die Verbindlichkeiten der DDR gegenüber westlichen Banken auf 24,2 Milliarden DM (1981) gestiegen. Mangelnde Investitionen zur umfassenden Modernisierung der eigenen Industrie wiederum ließen die Arbeitsproduktivität stagnieren. 1983 belief sie sich bereits auf weniger als die Hälfte (47 Prozent) im direkten Vergleich mit der Bundesrepublik.

Auch der seit Mitte der siebziger Jahre forcierte Export vor allem in den „nichtsozialistischen Wirtschaftsbereich“ mit der Zielsetzung, westliche Devisen um jeden Preis hereinzubringen, hatte das Anwachsen der Verschuldung bei westlichen Gläubigerstaaten nicht verhindern können. Stattdessen waren damit ebenfalls negative Entwicklungen einhergegangen: Der Export hatte vor allem bei hochwertigen Produkten zu einer für die Bevölkerung spürbaren Verschlechterung der Versorgungslage geführt. Die Palette der Mangelwaren reichte dabei von Motorrädern, Durchlauferhitzern, Heißwasserspeichern und Schreibmaschinen bis hin zu Lederschuhen.

Die „Werktätigen“ in den Betrieben frustrierte es, dass die von ihnen hergestellten und benötigten Industriewaren von vornherein für den Export in den „Westen“ bestimmt waren und nicht für den eigenen Bedarf zur Verfügung standen. Ebenso registrierten Arbeiter und Angestellte zunehmend, dass Produktionsanlagen und Maschinen allmählich veralteten und verschlissen – eine Folge ungenügender oder gänzlich ausbleibender Investitionen. Häufig konnte nur mit geschickter Improvisation dem drohenden Totalausfall begegnet werden.
Aus der unüberbrückbaren Kluft zwischen der ständig propagierten Überlegenheit der sozialistischen Wirtschaftsordnung und den konkreten Erfahrungen im Betriebsalltag erwuchsen Frustration und Zynismus, was wiederum der Arbeitsmotivation abträglich war.

7 Kommentare:

  1. Wie kommen Sie denn dazu, ausgerechnet die Planwirtschaft der DDR als „Dauerkrise“ zu bezeichnen? Gab es in der DDR Wirtschaftskrisen mit steigender Arbeitslosigkeit? Gab es Inflation? Gab es andere Verwerfungen und Unsicherheiten für die Menschen, die für den kapitalistischen Alltag konstitutiv sind? Oder messen Sie schlichtweg die DDR-Ökonomie mit dem Maß der BRD? Mit dem Warenüberfluss der BRD konnte die DDR tatsächlich nicht mithalten – sofern man denn Überfluss- und Wegwerfgesellschaft inklusive von Existenzängsten vieler Lohnabhängigen, wie es zum Kapitalismus dazu gehört, überhaupt als ein erstrebenswertes Gesellschaftsmodell empfindet. Darüber hinaus kann wohl gesagt werden, dass der Wohlstand der DDR-Bevölkerung in den 70er Jahren wohl kaum hinter dem durchschnittlichen wirtschaftlichen Lebensstandard der Menschen in Portugal, in Irland, in Süditalien oder in Griechenland zurückstand – übrigens alles kapitalistische Länder des „Goldenen Westens“ inkl. „freier“ Marktwirtschaft…

    Sie schreiben des Weiteren: „Zugleich hatte sich der Abstand zu westlicher Hochtechnologie nicht verringert, sondern erhöht.“ – Könnte das etwas mit dem Embargo für Hochtechnologie zu tun haben, dass der Westen über den Ostblock verhängt hatte? Im Übrigen messen Sie hier wieder die DDR an den fortgeschrittensten Ländern des Westens. Aber kann man eine sozialistische Gesellschaft mit Planwirtschaft überhaupt legitimerweise am Modell des westlichen Turbokapitalismus mit seinen überzogenen Wachstumsansprüchen messen?

    Sie schreiben überdies von der „ineffizienten Planwirtschaft“. Was ist Ihr Maßstab für „Effizienz“? weshalb gilt Ihnen ein Wirtschaftssystem als ineffizient, in dem nicht immer alle Bürger zu jeder Zeit jedes gewünschte Produkt kaufen können, jedoch 1. Alle Menschen genug zum Leben haben und 2. Kaum Güter vernichtet, sondern zum allergrößten Teil konsumiert werden? Gilt Ihnen folglich das Wirtschaftssystem der heutigen BRD als „effizient“, in dem beispielsweise sage und schreibe 50 Prozent (!) aller Lebensmittel VERNICHTET werden, bevor sie einen Endverbraucher erreichen?!

    Sie führen zu Recht die zunächst steigende Auslandsverschuldung der DDR an. Wieso jedoch verschweigen Sie, dass die Auslandsschulden von ca. 25 Milliarden Valutamark im Jahre 1982 auf unter 20 Milliarden Valutamark im jahre 1989 gesunken sind? (Quelle: Thomas Großbölting (Hg.), Friedensstaat, Leseland, Sportnation? DDR-Legenden auf dem Prüfstand, Bonn 2010, Bd. 1029 der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung) Etwa, weil es nicht in Ihr Konzept einer im Jahre 1989 angeblich „bankrotten“ DDR passt?

    Sie schreiben zum Schluss: „Die „Werktätigen“ in den Betrieben frustrierte es, dass die von ihnen hergestellten und benötigten Industriewaren von vornherein für den Export in den „Westen“ bestimmt waren und nicht für den eigenen Bedarf zur Verfügung standen.“ Wie stehen Sie zu dem Sachverhalt, dass die BRD heute „Exportweltmeister“ ist und hierzulande massenweise Güter produziert werden, die exportiert werden, und welche sich ein Großteil der hier lebenden Lohnabhängigen selbst nicht leisten können?

    Mit sozialistischen Grüßen,
    ein Student der Geschichtswissenschaft

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  2. Lieber Student, dann kann ich nur hoffen, dass Sie das Grundstudium der Geschichte auch bewältigen. Wenn es wirklich ernstgemeinte Fragen sind, will ich dazu gerne Stellung nehmen. In der Realitätsferne Ihrer Anmerkungen erscheint es mir aber eher ein sozialistisches Pamphlet zu sein, was Sie da zum Besten geben. Nur mal so nebenbei: 20 Milliarden Valutamark sind immer noch eine Bankrotterklärung. Und die Planwirtschaft war noch in keinem Land dieser Welt erfolgreich. Wie auch? Aber davon mal abgesehen besteht die große Ungerechtigkeit vor allem ja in der staatlich verordneten Enteignung und Entmachtung des einzelnen Bürgers, soweit dass der Bürger und Selbständige ja bis auf wenige Ausnahmen als solche schon abgeschafft worden sind. Aber wenn Sie meinen, dass Zwangsenteignungen und Verstaatlichung privater Unternehmen zu mehr Gerechtigkeiten führt, dann sollten Sie vielleicht doch lieber das Studienfach wechseln. Und was den Wohlstand der DDR Menschen betrifft, so ist es ein wenig frevelhaft, diesen mit dem in Portugal oder Irlands gleichzusetzen. Man kann das vergleichen, aber nicht gleichsetzen. Es ist ein Unterschied, ob eine Wirtschaft schwächelt (dafür gibt es 1000 unterschiedliche Gründe) oder ob eine Wirtschaft im eigentlichen Sinne des Wortes gar nicht vorhanden ist, weil sie ferngesteuert zu Gunsten der Stasiregierung wirkt. Nennen Sie mir einen nicht staatlichen Betrieb der DDR, der Gewinne machte und vor allem diese auch wieder in seinem eigenen Unternehmen investieren durfte.

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  3. Lieber Farkas,

    Sie schreiben: „20 Milliarden Valutamark sind immer noch eine Bankrotterklärung.“ Und dies begründen Sie nicht weiter. Ich denke aber, wenn die Auslandsverschuldung der DDR 7 Jahre lang, bis 1989, sank, ist dies keine Bankrotterklärung, sondern Ausdruck eines damals bestehenden Trends zur Verringerung der Verschuldung. In fast allen westlichen Staaten hingegen steigen die Schulden – die übrigens die Dimension der DDR-Auslandsverschuldung in drastischer Weise überschreiten – seit Jahrzehnten tendenziell an, aber das sehen Sie vermutlich nicht als „Bankrotterklärung“ an, oder etwa doch? Dass die DDR sich 1989 wirtschaftlich in keinem top-Zustand befand, leugne ich nicht; ich widerspreche aber aus o.g. Gründen der Rede von einer „Bankrotterklärung“.

    Wenn Sie beispielsweise schreiben: „die Planwirtschaft war noch in keinem Land dieser Welt erfolgreich“, dann müssten Sie zunächst erläutern, was in Ihren Augen „erfolgreich“ ist. Nimmt man übervolle Supermarktregale oder BIP-Wachstumszahlen als Maßstab, so haben Sie recht – da konnte / kann der Realsozialismus nicht mit den Staaten Nord-Westeuropas, Nordamerika und Japan mithalten. Nimmt man jedoch den Umfang der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern als Maßstab, so muss die Verurteilung des Realsozialismus als „nicht erfolgreich“ doch einmal überprüft werden. Hierzu ein paar Beispiele: in der DDR musste niemand hungern, wie dies heutzutage niemand in Kuba muss (in Kuba gibt es u.a. Essens-Vergabestellen, wo jede_r, der / die sich sonst nicht so viel leisten kann, täglich eine zwar nicht besonders leckere, aber immerhin kostenfreie Mahlzeit einnehmen kann). In den USA hingegen leben ca. 35 Mio. Menschen permanent in dem Zustand, nicht zu wissen, woher sie ihre nächste Mahlzeit bekommen werden (vgl. James Vernon, Hunger. A modern history, Cambridge u.a. 2007, S. 1). Dass man in der DDR nicht jeden Tag exotische Südfrüchte kaufen konnte und dass man auf ein Auto einige Jahre warten musste, ist richtig. Aber folgt daraus, dass diese Wirtschaftsordnung generell „nicht funktioniere“? Die Planwirtschaft in der DDR oder der Sowjetunion war in der Lage, ihre Bevölkerung mit ausreichend Lebensmitteln u.a. zu versorgen. Dutzende kapitalistische Staaten in Afrika und anderswo sind dies nicht. Woran machen Sie also den „Erfolg“ einer Volkswirtschaft fest? Ist etwa die Wirtschaft der USA, mit Dutzenden von Millionen Armen sowie Menschen, die mehrere Jobs machen müssen, um – mehr schlecht als recht – über die Runden zu kommen, Ihrer Ansicht nach eine „erfolgreiche“ Wirtschaft?

    Auf meine Argumente zum Vergleich der ökonomischen „Effizienz“ beider Systeme, zur Problematik einer Bewertung der Planwirtschaft nach kapitalistischen Maßstäben und meine Ausführungen zu den inhumanen Wirkungen des Kapitalismus auf die Menschen (sowie weitere Argumente meinerseits zu anderen Aspekten) gehen Sie bezeichnenderweise überhaupt nicht ein, wie Sie auch meine Einschätzung des (momentanen) Kapitalismus als „Dauerkrise“ – im Unterschied zur DDR-Ökonomie als angeblicher „Dauerkrise“ – offensichtlich nicht zu widerlegen bemüht sind.

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  4. TEIL 2:

    Sie nennen die Enteignung von Unternehmen inhuman ohne sich über das Wesen des bürgerlichen Eigentums (und seine historische Genese) Rechenschaft abzulegen. Es geht bei dem bürgerlichen Eigentum um das Eigentum an Produktionsmitteln. Woher kommen aber die Gewinne, die ein Unternehmen macht? Aus dem Verkauf der produzierten Waren, d.h. aus der Realisierung des kollektiv erarbeiteten Werts und Mehrwerts. Mit „eigenen Händen“ kann ein Mensch alleine nämlich keinen besonders großen Reichtum erwerben. Sobald ein_e Selbstständige_r andere Menschen anstellt, ist er / sie nicht mehr alleine Schöpfer der Gewinne des Unternehmens, sondern diese sind – den Unternehmenserfolg vorausgesetzt – das gemeinschaftliche Werk der Beschäftigten. Weshalb sollte also das Eigentum an den Produktionsmitteln, also das alleinige Verfügungsrecht über die Produktionsmittel und somit die alleinige Aneignung des Mehrwerts durch die Kapitaleigentümer (Unternehmer, Aktionäre) legitim sein? Das ist zwar herrschendes Recht – aber das waren auch die Nürnberger Gesetze… Sie stellen dieses private Verfügungsrecht Einzelner über die Früchte des gemeinschaftlich erwirtschafteten Reichtums der Gesellschaft als Errungenschaft dar. Gerade durch die herrschenden Gesetze wird aber ja die tägliche Enteignung vieler Millionen Lohnabhängiger sanktioniert. (Die bürgerlichen Propagandisten und Apologeten der kapitalistischen Produktionsweise haben übrigens diesen Sachverhalt, dass also die Arbeit Wert schafft bzw. dass die Hauptfunktion des bürgerlichen Rechts die Sicherung des Eigentums der Kapitalisten darstellt, stets hervorgehoben, von John Locke über Adam Smith bis David Ricardo u.a.m.). Das Recht auf Privateigentum an Produktionsmitteln, das Sie hier verteidigen, impliziert also zugleich den Ausschluss der Mehrheit der Menschen vom Eigentum an den Produktionsmitteln. Wenn jemand sein Auto, seine Bücher o.ä. sein Eigen nennt, so ist das eine unproblematische Sache; aber Eigentum an Produktionsmitteln bedeutet, andere Menschen für sich arbeiten zu lassen und daraus Profit zu schlagen. Während alle anderen bürgerlichen Rechte (Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Redefreiheit u.a.) prinzipiell von allen Mitgliedern der Gesellschaft in gleicher Weise in Anspruch genommen werden können – weil diese Rechte eben „immateriellen“ Charakter haben – schließt das Recht auf Eigentum stets andere Menschen aus: wenn ein Privatunternehmer das Eigentum an einem Betrieb besitzt, sind eben zwangsläufig alle anderen, die in diesem Betrieb arbeiten, vom Eigentum an diesem Betrieb ausgeschlossen. Das Recht auf Eigentum, das faktisch nur einigen wenigen nützt, schließt also die Mehrheit der Menschen von der Realisierung eben dieses Rechts, also vom Eigentum, aus. Das „Recht“, das Sie als so schützenswert verteidigen, ist in Wirklichkeit das höchste Unrecht, nämlich die gesetzlich sanktionierte Eigentumslosigkeit (und somit auch Einflusslosigkeit) der großen Mehrzahl der Menschen, mithin die in Gesetz gegossene permanente Enteignung der „Arbeitnehmer“, die ja gerade aufgrund dieses „Rechtes“ die Produktionsmittel, an denen sie täglich arbeiten, nicht selbst verwalten dürfen, geschweige denn, dass sie alleine über Arbeitszeit, Gewinnverteilung etc. entscheiden könnten.

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  5. TEIL 3:

    Staaten oder Regierungen werden gerne als totalitär bezeichnet. Dabei wird jedoch nur die Sphäre des Staates bzw. der Politik betrachtet, die wirtschaftliche Sphäre des gesellschaftlichen Lebens wird vollkommen ignoriert. Was ist mit den totalitären Strukturen des kapitalistischen Weltsystems; was ist mit den Auswirkungen des totalitären Weltmarkts, des global herrschenden „Sachzwangs“, auf Mensch und Natur? Weshalb darf nur eine Minderheit über Produktion (Art und Weise der Produktion, Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen) und Verteilung des kollektiv erarbeiteten Reichtums entscheiden? Dass Gewerkschaften an Verhandlungen beteiligt sind, ändert nichts an dem fundamentalen Herrschaftsverhältnis des Kapitals über die Arbeit, sondern bestätigt dieses nur. Die Lohnabhängigen sind bei großen Konzernen zu einem Drittel im Aufsichtsrat vertreten, obwohl sie einen Anteil an den Beschäftigten von vielleicht 90 % haben. In der Sphäre der Ökonomie, wo sich die Menschen also tagtäglich lange Zeit aufhalten, herrscht keine Demokratie und keine Freiheit, sondern der Einzelne ist gezwungen, seine eigene Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt als Ware feilzubieten und faktisch die Bedingungen des „Arbeitgebers“ zu akzeptieren. Die faktische „Entmachtung des einzelnen Bürgers“ findet also allgegenwärtig in der „freien“ Marktwirtschaft statt, nämlich bei allen Menschen, die ihre Arbeitskraft gezwungenermaßen gegen einen Lohn verkaufen, um überleben zu können. Als formal freie Vertragspartner bzw. Rechtssubjekte (und somit v.a. auch als„Konsumenten“) sind in der bürgerlichen Gesellschaft alle Menschen gleich, gleichberechtigte Staatsbürger und „Marktteilnehmer“; als „Privatmenschen“ – und das heißt, auch als Produzenten – sind die Menschen allerdings höchst ungleich, was ihre Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, betrifft. Weshalb sollten die Menschen sich mit einer formalen Rechtsgleichheit zufrieden geben ohne reale Gleich-Berechtigung, also ohne soziale Gleichheit?

    Sie schreiben: „was den Wohlstand der DDR Menschen betrifft, so ist es ein wenig frevelhaft, diesen mit dem in Portugal oder Irlands gleichzusetzen. Man kann das vergleichen, aber nicht gleichsetzen.“ Erstens habe ich das ja nicht gleichgesetzt, sondern eben verglichen. Zweitens sehe ich mein Argument nicht entkräftet. Oder würden Sie leugnen, dass der wirtschaftliche Lebensstandard einer Durchschnittsfamilie in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts in Portugal oder Irland nicht über dem einer solchen Familie in der DDR lag? Weshalb sollte man das nicht vergleichen können, weshalb sollte also nur der Vergleich der DDR mit der Bundesrepublik oder anderen reicheren westeuropäischen Staaten zulässig sein, wobei die DDR natürlich schlechter abschneidet?

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  6. TEIL 4 und Schluss:

    Sie schreiben, dass „eine Wirtschaft im eigentlichen Sinne des Wortes gar nicht vorhanden“ gewesen sei. Dass eine Wirtschaft, die zentral gesteuert wird, gar keine sein soll, ist nicht nur absurd, sondern zeigt, dass Sie offensichtlich nichts anderes als „Wirtschaft im eigentlichen Sinne des Wortes“ anzuerkennen bereit sind, was nicht kapitalistische Wirtschaft ist. Das ist nicht nur in der Sache fragwürdig, sondern vollkommen ahistorisch und dadurch einerseits ignorant gegenüber der Vergangenheit der Menschheit – mit ihren verschiedenen Wirtschaftsformen – und chauvinistisch gegenüber anderen Kulturen, die (noch) nicht von den Gesetzen der kapitalistischen Warenproduktion durchdrungen sind.

    Wenn Sie schreiben, die Wirtschaft habe „zu Gunsten der Stasiregierung“ funktioniert, so ist das freilich pure Polemik. Oder haben Sie Belege dafür, dass staatliche Funktionäre und Mitarbeiter des MfS in Saus und Braus gelebt hätten und die Bevölkerung darben lassen hätte? Der Haushalt der Familie Honecker z.B. bot nicht mehr „Luxus“ als ein normaler DDR-Haushalt, was Möblierung usw. betrifft. Dass es auch in der DDR noch soziale Ungleichheit gab, ist unbestritten, aber zu behaupten, die Wirtschaft der DDR habe „der Stasiregierung“ gedient, also zu behaupten, der volkswirtschaftliche Reichtum sei in die Hände „der Regierung“ geflossen, ist hahnebüchen.

    Ihre Frage „Nennen Sie mir einen nicht staatlichen Betrieb der DDR, der Gewinne machte“, beantworte ich gerne. Ich vermute allerdings, Sie meinen staatliche Betriebe? Nicht-staatliche Betriebe, die keine Gewinne machten, wären ja ein schlechtes Beispiel für die Überlegenheit der Marktwirtschaft, oder? Es gab jedenfalls durchaus staatliche Betriebe, die auf dem Weltmarkt erfolgreich waren, wie etwa der DDR-Maschinenbau, das Schiffbau-Kombinat Rostock, die Möbel- und Textilindustrie (im Westen über „Quelle“ oder IKEA vertrieben) oder den (Spiegelreflex-)Kamera-Hersteller Pentacon. Dass auch dieser Betrieb in späteren Jahren nicht mehr weltweit konkurrenzfähig war, sei damit nicht bestritten. Immerhin schreiben Sie selbst an anderer Stelle in Ihrem Blog zur DDR-Wirtschaft: „Aufschwung in den späten 70-er Jahren, mit hohem Export der DDR Produkte“…
    Die Frage, ob Betriebe ihre Gewinne selbst reinvestieren können sollen, ist die eine Sache – das ist eine Frage der Organisation einer sozialistischen Wirtschaft. Sie unterstellen aber bereits, dass es in einer gerechten Gesellschaft – die für Sie natürlich nur eine „marktwirtschaftliche“, also warenförmige sein kann – so sein müsste; und vermutlich zielen Sie mit Ihrer Frage nach der Verfügungsgewalt auch nur auf die Betriebsleitung und nicht die Beschäftigten ab.

    Mit kommunistischem Gruß,
    Student

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