Mittwoch, 6. Januar 2010

Epochen: Weimarer Republik

Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit (1919 - 1932)

Begriff
Der Begriff Neue Sachlichkeit ist eine Stilbezeichnung für die Malerei und Literatur in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Er wurde erstmals vom Kunsthistoriker Gustav Friedrich Hartlaub auf einer Aufstellung 1925 verwendet und wurde später auch auf die Literatur übertragen. Die Neue Sachlichkeit war eine Reaktion auf subjektiv und irrational betonende Strömungen, wie v. a. der Expressionismus. Die Autoren der neuen Sachlichkeit legten Wert auf eine objektive Darstellung der sozialen und ökonomischen Wirklichkeit.
Während in der Anfangsphase der Weimarer Republik noch Expressionismus und Dada die vorherrschende Strömungen waren, konnte sich die Neue Sachlichkeit als die dominierende Strömung in der Hauptphase der Weimarer Republik durchsetzen.

Historischer Hintergrund
Zu den wichtigsten historischen Einflüssen auf die Autoren der Weimarer Republik gehörte der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 und die Entstehung der Republik.
Die Geschichte der Weimarer Republik wird in drei Phasen eingeteilt: Krisenjahre 1919 bis 1923, die Goldenen Zwanziger von 1924 bis 1928, sowie die Weltwirtschaftskrise und der Untergang von 1929 bis 1933.
Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann vor dem Reichstagsgebäude in Berlin die Deutsche Republik, zwei Stunden später Karl Liebknecht vom Balkon des Berliner Schlosses die Freie Sozialistische Republik aus. Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 ging Friedrich Ebert als erster Präsident der Weimarer Republik hervor. Am 11. August 1919 wurde von der Mehrheit der Nationalversammlung die Weimarer Verfassung angenommen.
Die erste Phase der Weimarer Republik, von 1919 bis 1923, war geprägt von zahlreichen Krisen, wie dem Kapp-Lüttwitz-Putsch 1920, dem Hitler-Putsch 1923, dem Ruhrkampf 1922/23 und der Inflation. Die noch junge Republik hatte viele Bewährungsproben zu bestehen. Die Putschversuche blieben erfolglos. Jedoch führte der Ruhrkampf zu einem raschen Anstieg der Inflation. Diese konnte erst mit dem Abbruch des Ruhrkampfes und der Durchführung wirtschaftspolitischer Maßnahmen wieder gebremst werden.
Die zweite Phase der Weimarer Republik, von 1924 bis 1928, ging als die Zeit der Goldenen Zwanziger in die Geschichte ein. Es kam zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, zur Erlangung von bedeutenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem sozialen Fortschritt. Für das Aufblühen des kulturellen Lebens spielten die Schallplatte und der Rundfunk eine wichtige Rolle. Mit dem "Schwarzen Freitag" am 24.10.1929 und dem Beginn der Weltwirtschaftskrise wurde die dritte Phase und der Untergang der Weimarer Republik eingeleitet. Mit dem Abzug amerikanischer Kredite aus der deutschen Wirtschaft kam es zu einem Investitionsrückgang, zum Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft, zu Massenarbeitslosigkeit, zum Anstieg rechtspolitischer Interessen und schließlich am 30. Januar 1933 zur Machtübernahme der Nationalsozialisten durch Hitler und die NSDAP.

Literatur als Ware
Durch die Verfilmung von Büchern kam es häufig zu Verfälschungen. Die Autoren mußten so viel wie möglich schreiben, um die Aufträge von Verlagen zu erfüllen.

Schriftstellerorganisationen
Die Organisation von Schriftstellern war eine Gegenreaktion auf die Richtlinien der Verlage. 1909 entstand der Schutzbund deutscher Schriftsteller (SDS), der Rechtsschutz gegen staatliche Eingriffe in die Literaturschöpfung seiner Mitglieder gewährte. 1921 wurde der PEN-Club gegründet, der sich für Weltfrieden und Antirassismus einsetzte. Außerdem kam es noch zur Gründung des Bundes proletarisch revolutionärer Schriftsteller (BPRS).

Zensur
Meinungsfreiheit und das Nichtvorhandensein einer Zensur waren nur auf dem Papier stehende Behauptungen. In Wirklichkeit wurde eine unzensierte Veröffentlichung jedoch gestört, z.B. durch das Schund- und Schmutzgesetz. Dieses führte zu zahlreichen Verboten von Büchern. Mit der Presse-Notverordnung 1931 fand ein noch größerer Eingriff statt: den Behörden wurde das Aussprechen von Verboten, die Beschlagnahmung von Schriften und Verhaftungen von Schriftstellern ermöglicht. Der Schutzbund deutscher Schriftsteller konnte nun keine Rechtssicherheit mehr gewähren.

Prosa
Die Prosa schien den Autoren der Neuen Sachlichkeit als angemessenste Gattung, um ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Sie unterliegt keinen Formkonventionen und ist die offenste Gattung für Experimente. Die dabei am häufigsten verwendeten literarischen Formen waren Dokumentationen, Reportagen, Sachberichte und Romane. Das Erzählen ist dabei geprägt von philosophischen, historischen, soziologischen und psychologischen Momenten. Zentrale Themen der Romane der Neuen Sachlichkeit waren Großstadt, Technik, Wirtschaft und Industrie, Arbeit und Arbeitslosigkeit, sowie Lebensumstände und Alltag. So werden z.B. häufig Angestellte gezeigt, die von der Arbeitslosigkeit bedroht sind, und versuchen sich davor zu schützen. Neben dem Themenkomplex Großstadt, Industrie und Arbeitslosigkeit spielten auch Kriegsdarstellungen eine wichtige Rolle. Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues (1928).

Die wichtigsten Theaterformen der Neuen Sachlichkeit waren das politische Theater, das Dokumentartheater, das Epische Theater und das Volksstück. Zu den wichtigsten Volksstückautoren gehörte Carl Zuckmayer mit Werken wie Der fröhliche Weinberg (1925) und Der Hauptmann von Köpenick (1931).
Mit der Oper Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny gelang Brecht ein großer Erfolg als Bühnenautor. Die Oper wurde am 9. März 1930 in Leipzig uraufgeführt. Die Musik zum Text von Bertolt Brecht schuf Kurt Weill.

Episches Theater
Das Epische Theater ist eine Theaterform, die den Zuschauer nicht in eine Illusion einhüllt, sondern versucht diese durch bestimmte Verfremdungseffekte zu brechen. Brecht schuf damit eine moderne Theaterform, die mit der Tradition des Dramas nach Aristoteles oder Lessing radikal brach.
Epische Dramen weisen keinen strengen Aufbau, wie die Einteilung in Akte und Szenen, auf, sondern haben die Form von Episoden. Das Ende ist meist offen, damit dem Zuschauer selbst. Die Wirkungsabsicht besteht nicht mehr in der Einfühlung des Zuschauers in den Protagonisten. Statt dessen soll eine Distanzierung vom Dargestellten erreicht werden, die dem Zuschauer eine Interpretation ermöglicht und ihn zu Veränderungen erkannter Missstände anregt. Der Zuschauer soll empfinden, dass das Dargestellte auch in einer anderen Form möglich ist. Das ist jedoch nur möglich, wenn die Handlung nicht in einer Illusion dargestellt wird. Die Distanzierung vom Dargestellten ermöglicht dem Zuschauer einen Blick aus einer anderen Perspektive auf die Handlung. Die Theaterform nennt man episch, da außerhalb der Handlung ein Erzähler vorkommt.

Vertreter
Bertolt Brecht (1898-1956)
Hermann Broch (1886-1951)
Alfred Döblin (1878-1957)
Hans Fallada (1893-1947)
Lion Feuchtwanger (1884-1958)
Hermann Hesse (1877-1962)
Franz Kafka (1883-1924)
Erich Kästner (1899-1974)
Thomas Mann (1875-1955)
Robert Musil (1880-1942)
Erich Maria Remarque (1898-1970)
Joseph Roth (1894-1939)
Kurt Tucholsky (1890-1935)
Robert Walser (1878-1956)
Carl Zuckmayer (1896-1977)

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