Donnerstag, 7. Januar 2010

Egon Bahr (Politiker, SPD)

Egon Bahr: Politiker und Journalist

1922:
18. März: Egon Karl-Heinz Bahr wird in Treffurt/Thüringen als einziges Kind des Lehrers Karl Bahr und seiner Frau Hedwig geboren.

1928:
Die Familie zieht nach Torgau/Sachsen

1938:
Weil er sich nicht von seiner Frau, die jüdischer Herkunft ist, trennen will, wird Bahrs Vater aus dem Schuldienst entlassen. Die Familie zieht nach Berlin.

1940:
Abitur am Helmholtz-Gymnasium in Berlin-Friedenau. Bahr wird wegen seiner jüdischen Vorfahren als Musikstudent abgelehnt.Er absolviert eine Lehre als Industriekaufmann.

1942-1944:
Soldat im Zweiten Weltkrieg. Entlassung aus der Wehrmacht, nachdem seine "nichtarische Abstammung" bekannt wird.

1944/1945:
Bahr wird bei Rheinmetall-Borsig dienstverpflichtet.

1945:
Bahr arbeitet als Journalist in Berlin. Zunächst ist er Reporter bei der "Berliner Zeitung", anschließend bei der "Allgemeinen Zeitung", aus der später die "Neue Zeitung" wird. Heirat mit der Sekretärin Dorothea Grob.

1948-1950:
Korrespondent des "Tagesspiegel" in Hamburg und Bonn.

1950-1960:
Chefkommentator des RIAS und 1953/54 Leiter des Bonner Büros des RIAS.

1956:
Eintritt in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD).

1960-1966:
Der Regierende Bürgermeister von West-Berlin, Willy Brandt, beruft Bahr an die Spitze des Presse- und Informationsamtes des Landes Berlin.

1961-1963:
Gemeinsam mit Willy Brandt entwickelt Bahr außenpolitische Leitgedanken, die die Basis für die spätere Neue Ostpolitik der Bundesrepublik Deutschland bilden. Bahr wird zum Architekten der Ostverträge sowie Vordenker und Stratege der Beendigung des Kalten Krieges.In diesem Zusammenhang formuliert Bahr im Juli 1963 in einer Rede in der Evangelischen Akademie Tutzing die neue Konzeption der deutschen Ostpolitik unter der Devise "Wandel durch Annäherung".

1966-1969:
Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt sowie Sonderbotschafter und Leiter des Planungsstabs des Auswärtigen Amts.

1969-1972:
Staatssekretär im Bundeskanzleramt bei Brandt.

1970:
Januar: Bahr führt in Moskau mit Außenminister Andrei A. Gromyko (1909-1989) die ersten Gespräche über einen Gewaltverzichtsvertrag zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik. Die Gespräche dienen als Grundlage für den am 12. August 1970 abgeschlossenen Moskauer Vertrag.November: Bahr beginnt Gespräche mit dem Beauftragten der DDR, Michael Kohl, über die Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten.

1971:
17. Dezember: Bahr und Michael Kohl unterzeichnen in Bonn das Transitabkommen, das den Personen- und Güterverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin regelt. Es ist die erste deutsch-deutsche Vereinbarung auf Regierungsebene.

1972-1990:
Mitglied des Deutschen Bundestages.

1972-1974:
Bundesbevollmächtigter für Berlin und Bundesminister für besondere Aufgaben. In dieser Funktion wird Bahr zum ständigen Berater des Bundeskanzlers Brandt in allen Fragen der Ost- und Deutschlandpolitik.

1972:
26. Mai: Bahr und Michael Kohl unterzeichnen in Ost-Berlin einen Verkehrsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR.21. Dezember: Bahr und Michael Kohl unterzeichnen den Grundlagenvertrag: Darin wird die Anerkennung der Vier-Mächte-Verantwortung, die Unverletzlichkeit der Grenzen, die Beschränkung der Hoheitsgewalt auf das jeweilige Staatsgebiet, der Austausch "ständiger Vertreter", die Beibehaltung des innerdeutschen Handels und der Antrag beider Staaten auf Aufnahme in die UNO festgeschrieben.

1973:
Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes.

1974-1976:
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Kabinett von Helmut Schmidt. 1975 präsentiert Bahr in dieser Funktion seine Ansichten über den Stellenwert der Entwicklungspolitik als Faktor weltweiter Friedenspolitik und stellt die Hilfe für die ärmsten Länder in den Vordergrund der Bemühungen.

1975:
Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband.

1976:
Bahr wird Mitglied des Parteipräsidiums der SPD.Auszeichnung mit dem Theodor-Heuss-Preis.

1976-1981:
Bundesgeschäftsführer der SPD. Bahr vertritt in dieser Funktion eine Abgrenzungspolitik gegenüber der äußersten Parteilinken. In außenpolitischen Fragen formuliert er Vorbehalte gegen den NATO-Doppelbeschluss und setzt sich damit von der Politik des Bundeskanzlers Schmidt ab.

1980-1990:
Vorsitzender des Unterausschusses für Abrüstungs- und Rüstungskontrolle des Bundestages.

1981:
Juni: Bahr äußert bei einem Besuch in Moskau Zweifel am Willen der USA zu Verhandlungen über eine Begrenzung der eurostrategischen Waffen.

1982:
Bahr fordert eine stärkere Mitbestimmung der Bundesrepublik Deutschland bei den Entscheidungen über die Stationierung neuer Mittelstreckenraketen. Er tritt für die Beschränkung aller Atomwaffen auf das Territorium ihrer Besitzerstaaten bei gleichzeitiger Herstellung eines Gleichgewichts konventioneller Waffen in Europa ein.Mitglied der internationalen Abrüstungskommission unter dem schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme (1927-1986), die in ihrem Abschlussbericht die Schaffung einer von taktischen atomaren Gefechtsfeldwaffen freie Zone in Europa befürwortet.Veröffentlichung der Schrift "Was wird aus den Deutschen? Fragen und Antworten".Verleihung des Gustav-Heinemann-Bürgerpreises.

1983:
August: Bei einem Treffen mit dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker vertritt Bahr die Ansicht, die UdSSR müsse bei einer Verwirklichung der westlichen Stationierungspläne für US-Mittelstreckenwaffen entsprechende Gegenmaßnahmen auf dem Gebiet der DDR unternehmen.

1984:
September: Bahr äußert sich positiv über drei der vier sogenannten Geraer-Forderungen des Staats- und Parteichefs Honecker. So spricht er sich dafür aus, die Elbgrenze an der Strommitte "festzustellen", die Erfassungsstelle für Gewaltverbrechen der DDR in Salzgitter aufzulösen und die Respektierung der DDR-Staatsbürgerschaft in einem Vertrag festzulegen.

1984-1994:
Direktor des Instituts für Friedensforschung an der Universität Hamburg.

1986:
Mitherausgeber der drei Bände "Gemeinsame Sicherheit".

1987:
Mai: Der Parteivorstand der SPD beruft Bahr zum neuen Vorsitzenden der Sicherheitspolitischen Kommission der SPD.

1988:
Veröffentlichung der Schrift "Zum europäischen Frieden. Eine Antwort auf Gorbatschow".

1990:
5. Juli: Bahr wird Berater des DDR-Abrüstungs- und Verteidigungsministers Rainer Eppelmann.In der Zeitung "Frankfurter Rundschau" äußert er die Ansicht, dass die Zugehörigkeit Gesamtdeutschlands zur NATO keine dauerhafte sicherheitspolitische Lösung sei.Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl tritt Bahr nicht mehr als Kandidat an.Veröffentlichung der Schrift "Sicherheit für und vor Deutschland".Verleihung des Ehrentitels "Professor des Hamburger Senats".

1991:
Juni: Bahr schlägt die Gründung eines "Deutschen Friedenskorps" vor, dessen Dienst dem Wehrdienst gleichgestellt sein soll.August: Er fordert einen Wirtschaftsboykott des auseinanderfallenden Staates Jugoslawiens.

1992:
Bahr befürwortet Kampfeinsätze der Bundeswehr im internationalen Rahmen unter UNO-Kommando.

1993:
Bahr tritt für die Osterweiterung der Europäischen Gemeinschaft ein.

1994:
Auszeichnung mit der Mannheimer Medaille der IG Metall.

1996:
Veröffentlichung seiner Memoiren unter dem Titel "Zu meiner Zeit".

1997:
Gemeinsam mit Günter Grass ruft Bahr in Berlin den "Willy-Brandt-Kreis" ins Leben. Der Verein setzt sich auf Grundlage der Ideen Willy Brandts für die friedliche Koexistenz der Völker und eine solidarische Gemeinschaft in der Bundesrepublik ein.

1998:
Veröffentlichung der Streitschrift zu Macht-, Sicherheits- und Außenpolitik "Deutsche Interessen".

2002:
Ehrenbürger der Stadt Berlin.

2003:
Erscheinen des Essays "Der deutsche Weg - selbstverständlich und normal". Darin fordert er ein stärkeres deutsches Selbstbewusstsein die Selbstbehauptung Europas gegenüber den Vereinigten Staaten.

2004:
Bahr rät der SPD, in den neuen Bundesländern stärker auf die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) zuzugehen. Er kritisiert, dass die SPD versäumt habe, nach der Wende die "große Masse unbelasteter Kommunisten" zu integrieren.

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