Montag, 18. Januar 2010

Der Roman: (Erläuterung)

Der Roman:

Der Roman ist eine der Großformen der epischen Literatur.
Als Roman wird in der Regel ein umfangreicher, in Prosa verfasster, fiktionaler erzählerischer Text bezeichnet.
Die inhaltliche und formale Vielfalt des Romans ist nahezu unbegrenzt. Versuche, den Roman in den Rahmen einer literarischen Gattungstheorie einzuordnen, sind problematisch, weil er sowohl die übrigen literarischen Gattungen als auch alle anderen Sprach- und Textformen als Material benutzen kann und so alle Gattungsgrenzen sprengt.
In allen Epochen befriedigten Romane den Wunsch nach Unterhaltung.

Erst im 18. Jahrhundert trennte sich vom Unterhaltungsroman der literarische Roman im engeren Sinne, in den alle Themenbereiche, die zuvor anderen Gattungen vorbehalten waren, Eingang fanden und dessen Form nach ästhetischen Kriterien beurteilt wird.
Bis heute gehört jedoch der größte Teil der Romanproduktion zur Unterhaltungsliteratur.

Die Romanliteratur kennt eine große Zahl verschiedener Erzähltechniken, die ein oft sehr komplexes Geschehen in das Nacheinander des Erzählverlaufs übertragen.
Die Erzählung kann der Handlung geradlinig folgen, aber auch Zukünftiges vorwegnehmen oder in die Vergangenheit zurückgreifen. Der Erzähler kann verborgen bleiben oder das Geschehen in unterschiedlichem Maße kommentieren. Romane oder romanartige Erzählungen gibt es in fast allen schriftlichen Kulturen.

Zur Geschichte des europäischen Romans:

Die Antike kannte zwar seit dem Hellenismus Texte, die heute als Romane bezeichnet werden; sie verfügte jedoch weder über eine entsprechende Bezeichnung, noch beschäftigte sich die antike Dichtungstheorie mit dem Roman.

In der höfischen Gesellschaft des Hochmittelalters entstand der in Versen verfasste höfische Roman, der sich um eine idealisierende Darstellung der ritterlichen Lebensform bemühte.
Die Erfindung des Buchdrucks und das Entstehen eines breiten Lesepublikums begünstigten vom 16. Jahrhundert an eine umfangreiche Romanproduktion.
Von den verschiedenen Romanformen der Barockliteratur (u. a. Schäferroman) erlangte vor allem der sich seit dem Ende des 16. Jahrhunderts von Spanien aus verbreitende Schelmen- oder Picaroroman Bedeutung für die spätere Romanproduktion

Um die Wende zum 18. Jahrhundert löste der bürgerliche Roman den Barockroman ab. Themen des Barockromans wurden im Sinne der bürgerlichen Moral und Empfindsamkeit interpretiert; neue, das bürgerliche Selbstbewusstsein ausdrückende Themen wurden - z. B. in den Robinsonaden - entwickelt.
An die Stelle des belehrenden und unterhaltenden Erzählens traten reflektierende Schreibweisen, die das subjektive Weltbild eines Erzählers formulierten (z. B. im Briefroman des 18. Jahrhunderts).
Vorbilder für ganz Europa wurden im 18. Jahrhundert englische Romane, die dem bürgerlichen Roman in Deutschland zur Anerkennung verhalfen. In diesen Romanen wird meist die Geschichte eines individuellen Helden erzählt, die sowohl von dessen Natur wie von der Auseinandersetzung mit äußeren Umständen bestimmt wird.
Am deutlichsten prägte sich diese Tendenz im Entwicklungsroman und - vor allem in Deutschland - im Bildungsroman aus.
Mit den für ein breites Publikum produzierten Räuber- und Schauerromanen einerseits und moralisch-sentimentalen Erzählungen andererseits bildete sich im 18. Jahrhundert auch der Trivialroman im modernen Sinne heraus.

Die romantischen Romane stellten Selbstreflexion, Fantasie, Virtuosität und Spiel, oft am Beispiel einer Künstlerexistenz, in den Mittelpunkt. Zur Zeit der Romantik entstand der im 19. Jahrhundert immer wieder variierte historische Roman und wenig später im Gegensatz zur Romantik und z. T. als Übertragung des historischen Romans auf die Gegenwart der für das 19. Jahrhundert typische realistische Gesellschaftsroman.

Die realistischen Romanciers fassten den Roman als ein Mittel zur Abbildung der Wirklichkeit auf und bezeichneten ihre Arbeitsweise z. T. als wissenschaftlich. Ihre Romane weiteten sich einerseits bis zum Porträt der ganzen Gesellschaft der Epoche in Romanzyklen aus, andererseits wurde die Psyche des einzelnen mit immer mehr verfeinerten Mitteln beschrieben.

Im 19. Jahrhundert entstanden auch der oft schon "industriell" produzierte, in Fortsetzungen in der Presse erscheinende Feuilletonroman und der Kriminalroman.

Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zweifeln die bedeutendsten Romanautoren an der Erfassbarkeit von Individuum und Gesellschaft mit den Mitteln des realistischen Romans. Essayistische Passagen reflektieren eine dem direkten Erzählen nicht mehr zugängliche Realität. Statt der äußeren wird eine "romanimmanente" Wirklichkeit dargestellt.

Die Romanliteratur der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts orientierte sich einerseits an verschiedenen historischen Vorbildern wie dem Schelmenroman, dem realistischen Roman, den Romanen der ersten Jahrhunderthälfte.
Andererseits entwickelte man experimentelle Schreibweisen. Die Postmoderne, die einheitsstiftende Leitideen ablehnt, hat die Tendenz zu einer beinahe unbegrenzten Formenvielfalt noch verstärkt. Im 20. Jahrhundert hat Europa die Stellung des Zentrums der Romanproduktion verloren. Montage- und collageartige Romantechniken wurden vor allem in den USA entwickelt.

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